Kirche und Schule in Blomberg

Ein kulturhistorischer Rückblick von Heinz-Walter Rolf

(Zum Teil bereits in “Heimatland Lippe”, der Zeitschrift des Lippischen Heimatbundes, veröffentlicht)

Kirchengemeinde und Kloster

Während die Kirchen in Reelkirchen und Cappel vermutlich im 9. Jahrhundert von Paderborn aus gegründet wurden, und die Kirche in Donop, ebenfalls aus dieser Zeit stammend, als Ableger von Bega gilt und damals noch zum Bistum Minden gehörte, steht die Blomberger Kirchengründung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Stadtgründung, die im Anschluss an die bereits bestehende Burg um die Mitte des 13. Jahrhunderts erfolgte.
Noch 1231 fand eine Kirche in Blomberg keine aktenkundige Erwähnung, wohl aber 1291, als ein Ludolf von Elmeringhausen (Elbrinxen) als Pleban der Stadtkirche namentlich genannt wird. Weitere Plebane (Kirchherren) sind im 14. Jahrhundert Rector Heidenreich (1305), Henricus gen. Kerl (1330), Themmo (1346) und Cord von Holthusen (1350). Danach ergibt sich eine unerklärbare Lücke in der Namensnennung bis etwa zur Zeit der Soester Fehde. Vermutlich wurden alle relevanten Urkunden im Juni 1447 vernichtet, als die Stadt Blomberg nebst der Burg und dem darin befindlichen landesherrlichen Archiv vernichtet wurde. Auch die Blomberger Martinikirche wurde, bis auf Teile des Chores, vollständig niedergebrannt. Der Wiederaufbau dürfte rasch darauf erfolgt sein. Der mächtige Kirchturm, der früher noch ein Stockwerk höher war und ein Satteldach trug, stammt vermutlich aus dieser Zeit und blieb erhalten, als im Jahre 1833 Kirchenschiff und Chor wegen Baufälligkeit abgebrochen wurden. Außer einer Glocke aus dem Jahre 1468 (Bruder Arent-Glocke), hängen heute im Turm drei neue Bronzeglocken, die 1978 feierlich geweiht wurden. Die alten Bronzeglocken waren 1917 in den Schmelzofen gewandert. Die danach 1921 von drei Blomberger Familien gestifteten Stahlglocken des Glockengießers Weule in Bockenem stehen heute vor dem Chor der Klosterkirche.

Das von dem Blomberger Baumeister Hans Rade 1574 geschaffene Taufbecken wurde, ebenso wie zwei Epitaphien des ersten reformierten Pastors der Gemeinde Abraham Theopold und des schaumburg-lippischen Drosten Anthon Günther Kopf, 1838 in der Klosterkirche wieder aufgestellt.

Nach dem Jahre 1447 erholte sich die Stadt Blomberg nur langsam von den schrecklichen Zerstörungen. Glück im Unglück brachte dann 1460 ausgerechnet die ruchlose Missetat einer Blomberger Bürgerin namens Alheyd. Sie hatte am Ostermontag 45 geweihte Hostien aus der Martinikirche gestohlen und sie aus Angst vor Entdeckung in einen Brunnen im Seligen Winkel geworfen. Dennoch konnte Alheyd der Tat überführt werden und wurde zur Strafe vor dem Heutor auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Bald darauf verbreitete sich wie ein Lauffeuer die Kunde, das Wasser des Brunnens spende auf wundersame Weise eine gegen alle körperlichen Gebrechen heilkräftige Wirkung.

Wie wenige Jahre zuvor in Hillentrup, entstand nun auch hier eine Hostienwallfahrt, die zahlreiche Pilger aus nah und fern anlockte, die nicht nur ihre Krankheiten zu heilen suchten, sondern durch einen entsprechenden Ablass ihrer Sünden ledig werden wollten. Edelherr Bernhard VII. ließ alsbald einen Altar über dem Brunnen errichten und befahl den Bau einer Kapelle, die laut Inschrift auf einem Strebepfeiler des Chors bereits 1462 geweiht werden konnte. Es kam Geld in die Stadt und in die Kassen der Geistlichkeit. Und es kamen immer mehr Pilger, so dass der Pastor der Martinigemeinde diesem Ansturm nicht mehr gerecht werden konnte.

Also wurde 1468 zur Betreuung der Pilger ein Kloster gegründet und damit auch der Kirchenbau der heutigen Klosterkirche (1473 geweiht) ins Werk gesetzt. Nach dem Abbruch der Stadtkirche wurde sie zum Gotteshaus der heutigen evangelisch-reformierten Kirchengemeinde. Das nun entstandene Kloster “Zum Heiligen Leichnam” wurde im Laufe der Zeit mit 24 Chorherren des Reformordens der Augustiner besetzt, die sich durch vielerlei Tätigkeiten in Wald und Flur wohl sehr nützlich machten, doch auch den Unwillen vieler Bürger auf sich zogen, weil sie durch Erwerb oder durch Schenkungen immer mehr Ländereien an sich brachten, ja sogar die Benefizien von St. Martin und der Liborikirche in Reelkirchen einheimsen wollten. Vor den Toren der Stadt gelangte die Mühlenbreite in den Besitz des Klosters, im Siekholzer Forst das Gut eines Haseke Puster. Heute noch findet man die Reste ehemaliger Fischteiche, die von den Mönchen dort angelegt wurde. Am Niederen Tor erwarb das Kloster in günstiger Südlage das noch jetzt so genannte Areal des Weinbergs. Damit nicht genug, schenkte Edelherr Bernhard dem Orden die ganze Mark Schieder nebst der dortigen Glashütte und den Rechten an der bereits in Verfall geratenen Kirche. Wie Thelemann berichtet, war dies ein Komplex von mehr als 2.000 Scheffelsaat, der nach Aufhebung des Klosters an den Landesherrn zurückfiel und die spätere Domäne entstehen ließ. Nach den Zerstörungen durch die Soester Fehde hatten die Mönche das Land “met veelen suren und swetigen Arbeeden” wieder urbar gemacht. Als die Blomberger Wallfahrt gegen Ende des 15. Jahrhunderts allmählich abnahm und das Kloster zu verarmen drohte, schenkte ihm Bernhard auch die Einkünfte der Kapelle in Wilbasen, die um 1398 als Filialkirche Reelkirchens an der Stelle eines alten Freigerichtes errichtet worden war.

Die Zeiten aber änderten sich. Bereits 1533 hatten sich eine Reihe Ordensbrüder des Augustinermönches Martin Luther zu dessen Lehre bekannt und verließen das Kloster oder behielten für einige Zeit im Kloster Wohnrecht. Der letzte verbliebene Pater, Augustinus Düvel, dem Namen nach vielleicht aus Blomberg stammend, starb hochbetagt erst 1572. Das Vermögen des Ordens fiel an den Landesherrn, die Einkünfte und Gebäude wurden später der Stadt Blomberg zum Nutzen von Schulen und sozialen Einrichtungen überlassen. Rund 80 Jahre nach Einführung der Reformation wurde auch die Blomberger Kirchengemeinde in den Strudel der Auseinandersetzungen zwischen Landesherrn Simon Vl. und der lutherischen Landeskirche gezogen, als nämlich Graf Simon die calvinistische Lehre in Lippe durchsetzte, der nur die Stadt Lemgo sich erfolgreich zu widersetzen verstand. Zwischen dem an der alten Lehre festhaltenden Pastor Johannes Piderit und dem aus Zerbst stammenden ersten reformierten Pastor Abraham Theopold entspannen sich unendliche Streitereien, die sogar in Handgreiflichkeiten ausarteten. Theopold erwarb sich schließlich das Vertrauen der Bürger, zumal er als Superintendent der Klasse Brake sehr segensreich für die Entwicklung des Schulwesens wirkte. Seine Nachfahren spielten als tüchtige Pfarrer und Kaufleute in Blomberg und ganz Lippe eine bedeutende Rolle.

Im Laufe der Zeit erweiterte sich die evangelisch-reformierte Gemeinde Blomberg um die Bewohner von Hiddensen, wo es bis zum 30jährigen Kriege eine eigene Kirche gegeben hatte, sowie ab 1715 die Bewohner der Schiederschen Glashütte und gegen Ende des 18. Jahrhunderts die des Schiederschen Ortsteiles Siekholz. Glashütte und Siekholz wurden 1942 nach Schieder ausgepfarrt. In Blomberg wurde im Jahre 1662 eine zweite Pfarrstelle eingerichtet. Fortan predigten beide Pfarrer jede Woche abwechselnd. Erst 1895 wurde die Gemeinde in zwei Pfarrbezirke aufgeteilt. Der östliche Teil der Stadt (Grenze Langer Steinweg und Neue Torstraße) wurde mit Nassengrund, Holstenhöfen, Riechenberg, Siekholz und Glashütte dem ersten Pfarrer (auf der Wehme), der übrige Bereich dem zweiten zugewiesen. Dieser hatte seine Wohnung im östlichen Teil des Klostergebäudes, bis im Jahre 1895 das neue Pfarrhaus an der Hostenhöfener Straße (hinter der Gaststätte Sölter) errichtet wurde.

Neben den kirchlichen Aufgaben, wie der Abhaltung der Gottesdienste, der Taufen, Heiraten, Beerdigungen und Konfirmationen (diese werden ab 1660 in den Kirchenbüchern dokumentiert), waren es vor allem die Schulen, die der Kirche in Obhut gegeben waren. Bis zur Schulreform von 1914 standen alle Schulen inklusive der Rektorschule voll in der Verantwortung der Kirche, da es als vordringliches Ziel galt, die Kinder mit der christlichen Lehre vertraut zu machen. Daran änderte sich auch nichts, als die lippischen Lehrer seit dem Revolutionsjahr 1848 immer wieder versuchten, die Schulen der kirchlichen Oberaufsicht zu entreißen. Eisern hielt das Konsistorium in Detmold an den althergebrachten Formen der Reglementierung fest. Das Geld für die Bezahlung der Pfarrer und Lehrer war allerdings von der Stadt zu entrichten. Immerhin hatte der Magistrat das Recht, bei der Wahl eines neuen Pfarrers ein Wörtchen mitzureden. Dies galt auch bei der Wahl des Leiters der Rektorschule. Blombergs Rektorschule, Vorläufer des heutigen städtischen Gymnasiums, wird wohl bereits nach der Stadtgründung als Lateinschule eingerichtet worden sein.

Die Kirche betrachtete diese als Ausbildungsstätte für den Pfarrdienst, die Stadt und die Landesherrschaft waren daran interessiert, Kinder des gehobenen Mittelstandes zu Kaufleuten und “Beamten” heranzuziehen. Die Rektorstelle war gewöhnlich eine Vorstufe für die Ausübung eines Pfarramtes, die Kandidaten hatten entsprechend in der Regel Theologie studiert. Der Rektor hatte in Blomberg die äußere Aufsicht über den Schulbetrieb, der 2. Prediger versah als “Scholarch” die Leitung der Stadtschulen, in denen, anders als in der Rektorschule, auch Mädchen unterrichtet wurden. Die Zahl der Rektorschüler, die manchmal auch aus den umliegenden Dörfern stammten, hielt sich sehr in Grenzen, so dass der Rektor seine Schüler häufig statt im Kloster in seiner Dienstwohnung unterrichtete. Das Rektorhaus, im Seligen Winkel (Schulstraße 10) gelegen, wurde im Jahre 1708 für 167 Taler neu errichtet. Sechs Jahre zuvor hatte der damalige Rektor Caspar Wöhlberg beim Magistrat beredte Klage darüber geführt, dass sich sein Wohnhaus in überaus schlechtem Zustande befinde, indem nämlich “insbesondere wan die Sturmwinde sich erheben, der gäntzliche Einfall dräuet und man also nur mit großer Gefahr sich darein wagen müsste”. Wöhlbergs Vorgänger Johann Jodocus Höcker, Sohn des Blomberger Kirchendechen Cordt Höcker, war 24 Jahre lang Rektor bis 1698 und wurde, in seinem Amte hoch angesehen, im selben Jahr zum Bürgermeister gewählt. Der erste Philologe an der Blomberger Rektorschule war schließlich ab 1869 Christian Reinert, unter dessen Aegide die Zahl der Schüler auf immerhin 30 anstieg. Diese wurden in einem Zimmer des Klosters in drei verschiedenen Gruppen gleichzeitig unterrichtet. Erst im Jahre 1884 wurde eine so genannte “Gehobene Mädchenschule” ins Leben gerufen, die dann 1913 mit der Rektorschule vereinigt wurde. Absolventen, die das Abitur machen wollten, gingen bis 1956 gewöhnlich zum Leopoldinum in Detmold. Im Blomberger Gymnasium fand im Jahre 1959 die erste Reifeprüfung statt. In der “deutschen Schule”, später Volksschule genannt, wurden sowohl Jungen als auch Mädchen unterrichtet, die wöchentlich etwa 20 Stunden in die Schule gingen und diese mit der Konfirmation, also im Alter von 14 Jahren, verließen, um in das Berufsleben einzutreten. Zum Konfirmationsunterricht hatten alle Kinder einmal in der Woche zu erscheinen. Dabei mussten die Kinder aus Hiddensen, Glashütte und Siekholz den Weg nach Blomberg zu Fuß gehen. Die zuständigen Pfarrer weigerten sich trotz vieler Eingaben der Eltern, von sich aus den Weg zur Hiddenser Schule zurückzulegen.

Was die Lehrer betrifft, so kamen sie in Hiddensen bis zur Eröffnung des Detmolder Lehrerseminars im Jahre 1781 zumeist aus dem Handwerkerstande, waren Leineweber oder Schuhmacher, die in Blomberg zumindest Lesen und Schreiben erlernt hatten und sich vor allem in der christlichen Lehre auskannten und Lieder einüben konnten. Natürlich wurden die Kinder aller Altersstufen in einem Schulraum unterrichtet, wobei die älteren Kinder den jüngeren im Lernen gleich beistehen konnten. In Hiddensen gibt es bis heute drei ehemalige Schulgebäude. Erst 1951 wurde eine neue Schule in Eschenbruch errichtet, in der die Kinder bis 1968 in zwei Räumen unterrichtet wurden. In der Stadt Blomberg oblag die Unterrichtung der Kinder dem Küster und dem Kantor. 

Die Schule als kirchlich-städtische Einrichtung
Thelemann schreibt dazu: “Eine feststehende Überlieferung ist es, dass außer dem Rektor ursprünglich nur zwei Lehrer vorhanden gewesen sind, der Kantor und der Küster, und dass jener die Kinder der Oberstadt, dieser die der Unterstadt zu unterrichten hatte, ferner dass jener zumeist Kinder von Handwerkern und Beamten, dieser solche hauptsächlich von Ackerbürgern hatte.” Jungen und Mädchen wurden zunächst gemeinsam unterrichtet, bis anscheinend im Jahre 1626 zur Unterrichtung der Mädchen ein Organist eingestellt wurde, so dass es jetzt vier Lehrer gab. Unendliche Querelen gab es immer wieder bezüglich der Bezahlung der Lehrer, die gewöhnlich von der Zahl der Schüler abhing, deren Eltern ja Schulgeld zu entrichten hatten, um 1800 z. B. 2 Taler jährlich für den Rektorschüler, 1 Taler für den Kantorschüler und 24 Mariengroschen für den Küsterschüler. Diese Gelder mussten die Lehrer selbst eintreiben, bevor ihnen schließlich aus der Stadtkasse feste Gehälter entrichtet wurden. Im Jahre 1886 stellte die Stadt einen vierten Hauptlehrer ein, dem bis 1900 zwei und 1910 vier weitere folgten, so dass nunmehr 10 Lehrer an der Bürgerschule, wie sie nun genannt wurde, Unterricht hielten. Noch bis zum Jahre 1914 lag die Aufsicht über die Schulen, wie bereits oben berichtet, in der Hand der Geistlichkeit. Im Frühjahr jedes Jahres und im Herbst führten die Blomberger Pfarrer als “Schulinspektoren” eine Schulprüfung durch. Dabei wurde großer Wert auf die Kenntnisse der Schüler im Fach Religion gelegt. In der Mädchenoberklasse entfielen 1891 allein 5 von 28 Unterrichtstunden auf den Religionsunterricht (Katechismus, biblische Geschichte, Bibellesen). Morgens wurden drei, nachmittags zwei Stunden unterrichtet, am Mittwoch und Sonnabend war, bis auf den Konfirmandenunterricht, nachmittags frei. Die Klassenstärke lag im Jahre 1900 bei durchschnittlich 75 Schülern. Naturgemäß war ohne eine strenge Ordnung Unterricht nicht denkbar: “Die Schüler saßen der Leistung nach sortiert in frontal zum Lehrer ausgerichteten Bänken. Die besten Schüler saßen hinten, die schlechten saßen vorn. Der Lehrer beherrschte von einem erhöhten Podest aus das Geschehen im Klassenzimmer. Diese äußere Ordnung entsprach dem auch inhaltlich durch Autorität und Unterordnung geprägten Unterricht.” (Zitiert nach “100 Jahre Bürgerschule Blomberg”, Blomberg 1993, S. 12).
Die Kirchlichen Gebäude
Alle Kirchlichen Gebäude, inklusive der Schulen, befanden sich ursprünglich im Besitz der Stadt. “Damals waren Stadt und Kirchengemeinde eins”, so Thelemann. Entsprechend lagen auch Bau und Unterhaltung der Gebäude in städtischer Hand. Da die Stadtväter jedoch die anfallenden Kosten nicht immer aus eigener Tasche bezahlen konnten, war man häufig auf Spenden der Bürger oder der Landesregierung angewiesen. Aus dem Jahre 1604 liegt uns z. B. eine Spendenliste vor zwecks “Zulage behueff des Schulhauses, von jedem burger VI Gr. eingenommen”, in der insgesamt 258 Spendernamen verzeichnet sind, darunter 13 Witwen und ein Jacob Jude. Einige ärmere Bürger spendeten die Hälfte. Es spricht einiges dafür, dass diese Schule am Hindenburgplatz lag. Im Jahre 1651 schenkte dann Graf Johann Bernhard der Stadt “die Closter-Städte sambt dem verfallenen Maurwerke undt Closterhofe alda”, nachdem durch die vielmaligen Kriegsüberfälle nicht nur die Bürgerhäuser ziemlich stark ruiniert und teils niedergerissen, sondern auch die Kirchen und Schulgebäude “erbarmlich devastiret” worden seien (laut beglaubigter Abschrift von 1693 im Stadtarchiv). Der erste Pastor der Gemeinde hatte seinen Wohnsitz auf der Wehme (Im Seligen Winkel 10).

Der 1851 errichtete Neubau wurde vor nicht allzu langer Zelt abgebrochen und wiederum durch einen Neubau ersetzt. Hier wohnt der erste Pastor noch heute. Wie bereits erwähnt, hatte der zweite Pastor ab 1662 seine Wohnung im alten Kloster, bis um 1896 das neue Pfarrhaus an der Neuen Torstraße errichtet wurde. Der Rektor hatte seine Dienstwohnung in der Schulstraße 10 (1708 neu errichtet, um 1905 in Privathand verkauft). Küster Hans Lalke erwarb 1659 das Haus lm Seligen Winkel 12, das er 1661 neu errichtete (seit 1960 Verwaltungsgebäude der ev.-ref. Kirchengemeinde). Wann das Küsterhaus in der Kirchhofstraße 4 von der Stadt erworben bzw. errichtet wurde, ist nicht bekannt, wohl aber, dass die Küsterfamilie Marthäus ab etwa 1700 gleich daneben ein eigenes Haus besaß, das an andere Bürger vermietet wurde (Kirchhofstraße 5). Auch das städtische Küsterhaus wurde um 1892 verkauft. Bleiben noch die Dienstwohnungen für den Kantor und den Organisten. Nachdem diese zunächst in verschiedenen Häusern der Altstadt gewohnt hatten, wurden auch für sie im Jahre 1769 neue Häuser errichtet. Durch erhalten gebliebene Stadtrechnungen sind wir darüber bestens informiert. Im Jahre 1768 genehmigte das Konsistorium, das Haus des Kupferschlägers Jacob Brandt im Seligen Winkel 2 zum Organistenhause anzukaufen “zu Beförderung des Unterrichts der Jugend im Christenthum”. Da auch das Kantorhaus (Schulstraße 12) in erbärmlichem Zustand war, ließ die Stadt beide Gebäude zum Gesamtpreis von rund 398 Rtl. durch den Zimmermeister Christoph Müller aus Lothe neu errichten. Die Häuser wurden also entgegen anderen Vorstellungen, die auf ein Doppelhaus hinausliefen, getrennt gebaut. Der Rat hatte nämlich dem Konsistorium zu bedenken gegeben, dass es “andere Theils auch sich nicht wohl schicken will, daß die Schule der Mädgen mit der Knaben Schule so nahe beyander zu stehen kommen”. Beide Fachwerkhäuser stehen noch heute. Sie wurden ebenfalls gegen Ende des 19. Jahrhunderts von der Stadt verkauft. Fast alle Lehrer wohnten fortan in Mietwohnungen, nur wenige konnten sich eigene Häuser leisten.

Die anderen Kirchen
Werfen wir zum Schluss noch einen Blick auf die beiden anderen Blomberger Kirchengemeinden, die erst kurz vor bzw. nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen wurden. Eine katholische Gemeinde bzw. Kirche hatte es in Blomberg nach der Reformation nicht mehr gegeben. Etwa hier lebenden Katholiken begegneten die Blomberger Bürger nicht gerade mit Sympathie. Laut Kirchenbuch wurde hier z. B. am 5. Oktober 1672 “das catolische Weib” bestattet. Erst im Jahre 1854 durften in Lippe (außer in Falkenhagen, das teilweise immer schon katholisch war) vier neue katholische Gemeinden gegründet, darunter die in Schwalenberg. Von hier aus wurden jetzt auch die katholischen Christen in der Stadt und im Amt Blomberg seelsorgerlich betreut. Die wenigen Blomberger Katholiken gingen gewöhnlich die 13 km nach Schwalenberg zu Fuß, um am dortigen Gottesdienst teilzunehmen. Im Jahre 1900 mietete man dann im Altenberendschen Haus an der Donnermühle in Blomberg zwei Räume für Gottesdienste und Religionsunterricht, und 1923 zog man um in einen Saal der Gastwirtschaft Germania (Sölter). Da sich inzwischen immer mehr katholische Bürger in Blomberg ansiedelten, reiften nun die Pläne für den Neubau einer eigenen katholischen Kirche. Nach mancherlei Schwierigkeiten gelang 1936 der Erwerb eines größeren Grundstücks unterhalb des Friedhofes am Lehmbrink. Am 24. Januar 1937 konnte die neue Kirche, die den Namen “Christuskirche” erhielt, feierlich geweiht werden. Da die Kirche jedoch nur über 120 Plätze verfügte, wurde schon bald, vor allem wegen der Eingemeindung vieler aus dem Osten zugezogenen Flüchtlinge, ein Neubau notwendig. Die “alte” Kirche wurde abgerissen und an deren Stelle die heutige Martinikirche errichtet, so genannt in Erinnerung an die erste katholische Kirche Blombergs aus dem 13. Jahrhundert. Die Gemeinde, zu der auch die Gläubigen aller Blomberger Ortsteile gehören, hat heute ca. 1.780 Mitglieder. (Vorstehende Mitteilungen verdanken wir der Broschüre “St. Martin Blomberg. Kirche und katholische Gemeinde” von Eberhard Reinsch, Blomberg 1992). Etwa ebenso viele Mitglieder zählt die kurz nach dem Kriege in Blomberg gegründete Lutherische Gemeinde der Stadt Blomberg. In der Jahnstraße entstand 1950 ein erster Kirchenbau (heute Gotteshaus der freikirchlichen lutherischen Matthäus-Gemeinde). 1952 wurde die Gemeinde in die Lutherische Klasse der Lippischen Landeskirche eingegliedert, und schon bald beschloss man den Neubau der dann so genannten Martin-Luther-Kirche am Hagenplatz, die im Jahre 1956 geweiht werden konnte. Heute können wir sagen, dass sich das Zusammenleben der Blomberger Christen in ruhigen Bahnen vollzieht. In vielerlei Hinsicht hat sich der Gedanke der Ökumene durchgesetzt. Viele Veranstaltungen kirchlicher und kultureller Art werden gemeinsam geplant und durchgeführt, so z. B. der traditionelle Martinsumzug und die Aufführung des Martinsspieles der Blomberger Kinder im Burggarten oder die Konzerte des ökumenischen Chors. Möge dies auch in Zukunft so bleiben und das gedeihliche Zusammenleben aller Blomberger Christen befördern.